Praxisbeispiel: Dezentrales Informations- und Wissensmanagement

Praxisbeispiel: dezentrales Projektmanagement

In Zeiten von Global Players und multinationalen Projekten ist es nicht immer möglich, das gesamte Projektteam an einem Standort zu versammeln. Damit alle Beteiligten trotz der räumlichen Entfernung optimal zusammenspielen können, ist ein dezentralisiertes Projektmanagement notwendig. Dies gilt vor allem für das Informations- und Wissensmanagement.

Wie das in der Praxis aussehen kann, möchte ich anhand eines Beispielprojekts, das von Teams an 25 verschiedenen Standorten innerhalb Deutschlands durchgeführt wurde, veranschaulichen. Jedes Team bestand dabei aus 4 Mitgliedern. Ziel war es, in 25 Online-Dialogen innerhalb einer vorgegebenen Zeitspanne einen programmatischen Text als Ergebnis zu produzieren.

Zentrale Steuerung vs. Eigenverantwortung

Bei der Projektarbeit mit unterschiedlichen Projektteams entsteht ein Spannungsfeld zwischen zentraler Steuerung und dezentralisierter Verantwortlichkeit. Wie viel Eigenverantwortung übergibt man den einzelnen Teams? Wie viel Steuerung muss die Zentrale übernehmen? Die Antworten auf diese Fragen sind vor allem abhängig von den gewünschten Ergebnissen. Im Beispielprojekt war die Ziel- und insbesondere Zeitvorgabe – relativ starr, was eine übergreifende, zentrale Projektsteuerung nötig machte.


Wichtig ist, dass derartige Zielvorgaben frühzeitig festgelegt werden.
Beim Projektmanagement ist es ohnehin erfolgskritisch, dass sich alle Beteiligten über das gemeinsame Ziel im Klaren sind. Bei der Arbeit in räumlich voneinander entfernt und zeitweise unabhängig voneinander arbeitenden Teams wird dieser Punkt noch bedeutsamer. Vor allem muss Klarheit darüber bestehen, wer welche Kompetenzen innehat. Falsche Erwartungen darüber erzeugen sonst Frust im Projektteam.

Informationsweitergabe

Arbeiten über 100 Personen auf ein gemeinsames Ziel hin, müssen alle über gemeinsame Informationen verfügen und ihr Wissen teilen. Auch hierzu tragen klar verteilte Kompetenzen bei. In jedem der regionalen Projektteams wurde ein Projektleiter ernannt, der gleichzeitig als Ansprechpartner für seine Teammitglieder wie auch für die Projektsteuerung fungierte.

Um den Informationsaustausch zu gewährleisten, wählte man im Beispielprojekt einen relativ formalisierten, zweistufigen Weg:

  1. Zu einem Termin in der Woche kamen die regionalen Teamleiter mit einem Projektmitarbeiter der Zentrale zum Gespräch zusammen. Die räumliche Entfernung wurde durch Skype-Telefonkonferenzen überbrückt. Dabei bildete man Untergruppen mit 6 bis 7 Teamleitern; diese Gruppengröße war überschaubarer und leichter zu moderieren als eine Gruppe aus allen 25 regionalen Teamleitern. Der wöchentliche Jour Fixe diente dazu, die aktuelle Wochenplanung durchzusprechen und Zielvorgaben für die nächste Projektphase ins Gedächtnis zu rufen. Die Teamleiter hatten während dieser Jour Fixe die Gelegenheit, sich mit ihren Kollegen über den Arbeitsstand in den einzelnen Regionen auszutauschen. Schnell sichtbar wurde so auch, welche Fragen und Probleme häufiger auftauchten und eventuell zentraler Steuerungsmaßnahmen bedurften.
  2. Im Anschluss gaben die Teamleiter die Informationen an ihre regionalen Teammitglieder weiter. Fragen, die bei diesem Gespräch neu auftauchten, spielten sie an die Zentrale zurück.

Eine besondere Herausforderung an das Informationsmanagement ist es, weder zu viel noch zu wenig Information an die Beteiligten zu verteilen. Mit zu wenig Information sind die Teams nicht arbeitsfähig; ein Zuviel an Information kann andererseits zur Überforderung führen. Die Aufgabe für die Projektzentrale liegt daher darin, die projektkritischen Informationen zu filtern. Dazu gehören in erster Linie Änderungen am Projektplan. Als Hilfsmittel für die zeitnahe Informationsübermittlung bietet sich eine gemeinsame, online oder im Intranet abgelegte Projektplanung an, die alle aufrufen können, die aber nur zentral geändert werden kann. Ein Hinweis über Änderungen per E-Mail-Verteiler ist ebenfalls sinnvoll.

Wissensmanagement

Das Wissensmanagement in dezentralisiert arbeitenden Projektteams gestaltet sich etwas komplizierter als in kleinen Teams, die sich ein Büro teilen. Es ergeben sich aber auch unschätzbare Vorteile: Die Projektbeteiligten können im größeren Maße voneinander lernen, die Erfahrungen eines Teams können den anderen Teams nützlich sein.

Die wöchentlichen Gespräche dienen nicht nur dem Informations-, sondern auch dem Erfahrungsaustausch. Das allein genügt aber nicht; das Wissen muss auch dokumentiert werden. Eine von allen fortgeschriebene „Erfahrungsdatenbank“ – online oder im Intranet abgelegt – trägt dazu bei, das gemeinsame Lernen zu fördern. Eine Grundstruktur der Erfahrungsdatenbank sollte vorher gemeinsam festgelegt, einige grundlegende Herausforderungen bereits identifiziert werden. Die Feinstruktur kristallisiert sich dann in der täglichen Praxis heraus. Über neue Einträge sollten ebenfalls alle Beteiligten per E-Mail-Verteiler informiert werden.

Teambuilding

Durch Informationsweitergabe und Dokumentation von Wissen und Erfahrungen gewährleistet man die Arbeitsfähigkeit der Teams. Ein Punkt ist dabei aber noch nicht berücksichtigt: das Teambuilding. In der beschriebenen Struktur sehen sich die verschiedenen Projektteams selten bis nie, zu Gesprächen kommen nur einzelne Teamleiter zusammen. Das Feierabendbier unter Kollegen ist rein durch die räumliche Entfernung schwer zu organisieren.

Um die Identifikation mit dem Projekt zu stärken, ist aber ein Gemeinschaftsgefühl wichtig. Daher sollten in regelmäßigen Abständen gemeinsame Termine für alle Beteiligten eingeführt werden; Video-Konferenzen erzeugen dabei das Gefühl auch räumlicher Nähe. Diese Termine dienen weniger dem sachlichen Informationsaustausch als vielmehr dazu, das Wir-Gefühl zu stärken. Dadurch erhöht sich das Bewusstsein, zusammen auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten – ein Bewusstsein, das für den Projekterfolg nicht unterschätzt werden sollte.

Dies ist nur ein Beispiel, wie dezentrales Projektmanagement realisiert werden kann. Welche Praxiserfahrungen haben Sie gemacht? Spielt Dezentralisierung in ihrem Arbeitsfeld eine Rolle? Und wenn ja, wie haben Sie diese umgesetzt, welche Probleme und Chancen sehen sie? Wir freuen uns auf Ihre Antworten!

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