Gut geraten: Wege zur realistischen Aufwandsschätzung

Tipps zur Aufwandsschätzung

Am Anfang jedes Projektes steht unweigerlich die Frage: „Was soll es denn kosten?“. Keine leichte Frage, denn sie impliziert viele weitere Fragen wie die nach der Mitarbeiteranzahl, den Ressourcen und dem Zeitaufwand. Hinzukommt, dass Sie die Antwort meist noch vor der Erstellung eines fachlichen und technischen Konzeptes finden müssen. Im Grunde können Sie hier nur raten und das bitteschön möglichst genau, denn Auftraggeber verlassen sich nur zu gerne auf die hier angegebenen Zeiträume und Summen. Zudem bildet Ihre Schätzung auch die Grundlage für den weiteren Projektplan.

Die hohe Kunst der Schätzung

Die Kunst liegt also darin, den Aufwand weder zu niedrig noch um ein Vielfaches zu hoch zu schätzen. Schätzen Sie den Aufwand zu niedrig, arbeiten Sie nicht kostendeckend und es droht finanzieller Verlust. Aber auch in einer zu hohen Schätzung birgt eine Gefahr: Sie könnten den Auftrag an einen günstigeren Konkurrenten verlieren.

Eine der wichtigsten Schätzkriterien ist daher die Genauigkeit: die größtmögliche Übereinstimmung der Soll-Werte mit den Ist-Werten, die sich im Projektverlauf ergeben.

Schätzungen sind aber auch sinnvoll: Sie helfen, das Projekt zu strukturieren und zu planen. Mithilfe von Erfahrung und tatsächlichen Aufwänden wird die Schätzung im Projektverlauf immer genauer. Was Sie aus dieser Entwicklung lernen, können Sie für das aktuelle und für nachfolgende Projekte erfolgsversprechend einsetzen.

Bottom-up versus Top-Down

Vor dem Beginn der Aufwandsschätzung liegt die grundlegende Entscheidung: Gehen Sie Bottom-up oder Top-down vor? Beim Bottom-up Verfahren ermitteln Sie die Gesamtkosten für die weitere Planung. Dieses Verfahren eignet sich daher als Grundlage für die Angebotserstellung. Sie schätzen dabei zuerst die Aufwände für die einzelnen Aufgabenpakete und ermitteln daraus dann die Gesamtsumme. Beim Top-down-Verfahren gibt der Auftraggeber einen festen Kostenrahmen vor. Als Projektmanager müssen Sie nun ermitteln, wie Sie das Projekt so aussteuern, dass es in diesem Rahmen bleibt.

Bottom-up Schätzung erlaubt Ihnen mehr Freiheiten, beim Top-down-Verfahren haben Sie dafür mehr Planungssicherheit, da mit dem Kostenrahmen bereits eine Planungsgröße feststeht. Allerdings haben Schätzungen nach Top-down-Ansatz häufig wenig mit der Realität zu tun, da der Auftraggeber den vollen Aufwand eines Projektes schlecht überblicken kann. Schätzungen nach Bottom-up Ansatz sind wesentlich präziser.

Tipps für eine realistische Aufwandsschätzung

Wie bekommen Sie nun die größtmögliche Übereinstimmung zwischen Soll- und Ist-Wert der Praxis hin?

1. Schaffen Sie klare Voraussetzungen
Je besser Sie die Anforderungen des Projektes kennen, je präziser der Projektauftrag formuliert ist, umso leichter und genauer lässt sich die Aufwandsschätzung und die nachfolgende Projektplanung erstellen. Reden Sie mit Ihrem Auftraggeber über seine genauen Erwartungen und gegebenenfalls über das Budget, das für einzelne Teilaufgaben zur Verfügung steht. So können Sie besser planen, was tatsächlich umsetzbar ist.

2. Verschaffen Sie sich einen Überblick
Der Aufwand ist besonders bei unbekannten oder sehr komplexen Aufgaben und Projekten schwierig einzuschätzen. Verschaffen Sie sich daher Überblick: Brechen Sie das große Gesamtprojekt in kleine, überschaubare Teilaufgaben auf und schätzen Sie den Aufwand für das jeweilige Aufgabenpaket.

3. Nutzen Sie Erfahrungswissen
Wenn Sie ähnliche Projekte bereits durchgeführt haben oder sich Teilaufgaben ähneln, nutzen Sie dieses Wissen für die Erstellung Ihrer Aufwandsabschätzung. Verfügen Sie selbst nicht über das nötige Erfahrungswissen, greifen Sie auf die Methode der Expertenbefragung zurück. Es gibt verschiedene Varianten dieser Methode: Entweder befragen Sie einen einzelnen Experten oder eine ganze Gruppe, führen die Befragung anonym durch (Delphi-Methode) oder offen in einer Schätzklausur.

Mit einem gesamten Pool von Erfahrungswissen arbeiten die verschiedenen algorithmischen Schätzmethoden wie die Function Point Methode oder das Constructive Cost Model (CoCoMo). Für diese Methoden muss ein besonders detailliertes Wissen über das Projekt vorliegen. Je breiter die Basis der Erfahrungswerte, desto genauere Ergebnisse liefern diese Methoden.

4. Wählen Sie die passende Methode
Welche der oben genannten Methoden Sie wählen, hängt vom vorhandenen Wissen über das Projekt, den bereits vorhandenen Erfahrungen im Unternehmen, aber auch von Projekt- und Unternehmensgröße sowie dem Budget ab. Als freier Projektleiter mit einem kleinen Team lohnen sich eher der Einsatz der Expertenbefragung und der Rückgriff auf Ihre eigenen Erfahrungen. Die algorithmischen Verfahren passen in große Unternehmen, die viele Projekte managen und wo eine entsprechende Basis an Erfahrungswissen vorliegt.

Projekte kosten Geld
Ressourcen wie Software sind teuer. Personal ist teuer. Machen Sie dazu ehrliche und realistische Angaben, auch wenn die hohen Werte erst einmal abschreckend wirken. Es bringt niemandem etwas, wenn die Schätzung zu niedrig ausfällt und dann im Projektverlauf nicht eingehalten werden kann. Und vergessen Sie nie die Worte eines weisen Unbekannten: „Niemand plant zu versagen, aber die meisten versagen beim Planen.“

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Ein Kommentar

  • Ich finde, dass beide Schätzverfahren, Bottom-Up und Top-Down bei einer Schätzung wichtig sind. Ich stimme mit dem Artikel überein, dass Bottom-Up genauere Schätzungen liefert.
    Allerdings nur dann, wenn man auch alle Aufwände erfasst. Und da halte ich Top-Down für eine sehr gute Methode, um das zu gewährleisten. Man braucht dabei gar nicht unbedingt Aufwände schätzen. Aber die Zerlegung „von oben herunter“ stellt sicher, dass man nicht versehentlich etwas vergessen hat. Oder zumindest ist die Wahrscheinlichkeit dafür deutlich größer.

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