Projektziel: Unbekannt

Die drei Optionen beim unbekannten Projektziel: Interpretation, Blindschuss oder Nachfrage?

Zu Beginn eines Projekts steht häufig eine Vision, z. B. die „interne Unternehmensoptimierung“. Was für Ihre Auftraggeber bereits ein klares Projektziel sein mag, ist für den Projektleiter aber noch lange kein konkretes Ziel im Sinne des Projektmanagements. Schon handfestere Begriffe wie „Baum“ können in der Vorstellung des Einen eine zierliche Birke wachsen lassen, bei dem Anderen eine kräftige Eiche. Wie soll es da erst bei einem so weiten Begriffsfeld wie der internen Unternehmensoptimierung aussehen? Ist hier eine Mitarbeiterbefragung erwünscht? Soll eine neue Organisationsstruktur entwickelt werden?

Drei Wege zum unklaren Projektziel

Um aus der Vision Ihrer Auftraggeber ein greifbares Projektziel zu machen, haben Sie drei Möglichkeiten:

  1. Sie entscheiden sich dafür, dass Ziel selbst zu interpretieren
  2. Sie arbeiten ohne konkretes Ziel
  3. Sie fragen bei der Unternehmensführung nach

Option 1: Interpretation

In der Praxis wird meist Option Eins gewählt – man ist schließlich Profi und mit der Zielausarbeitung vertraut. Solange Sie die Stärken, Schwächen, Chancen und Risken der Ist-Situation des Unternehmens gründlich analysieren und, soweit in dieser Situation möglich, die Interessengruppen, den Zweck des Projekts, das gewünschte Endprodukt sowie die Erfolgskriterien klar definieren und der Geschäftsleitung anschließend präsentieren, ist im Grunde auch nichts gegen diese Methode einzuwenden. Im Erfolgsfall kann sie sogar einen Karriereschub bedeuten, da „man mit Ihnen nicht viele Worte verlieren muss“. Sie sollten sich aber darüber klar sein, dass sie hier Vorarbeit leisten, die eigentlich schon erledigt sein sollte, und dies dem Management auch mitteilen, da es wahrscheinlich bereits auf die ersten Projektergebnisse wartet. Andernfalls laufen Sie – besonders bei einer autoritären Geschäftsführung – Gefahr, dass Ihre Eigeninitiative als Vertrauensmissbrauch ausgelegt wird: In den Augen des Managements war das Ziel bereits klar definiert. Wieso setzen Sie nun eigene bzw. andere Ziele? Ein weiterer Nachteil ist der Zeitverlust durch die Auftragsklärung und die ständig nötigen Anpassungen und Nachkorrekturen der Zieldefinition an die für Sie nebulösen Vorstellungen des Managements.

Option 2: Blindschuss

Möglichkeit Zwei ist nur etwas für sehr Risikofreudige und wird nach dem Motto „Wenn es keine klare Zielvorgabe gibt, bin ich auch für nichts verantwortlich“ oft aus Trotz gegenüber unwirschen und wenig geduldigen Auftraggebern gewählt. Das Ergebnis ist meist fatal, denn das Management erwartete wahrscheinlich einen blühenden Apfelbaum während Sie eine Trauerweide säen – und gibt Ihnen die Schuld am Misserfolg. Blindschüsse ohne klare Zielvorgaben in Kombination mit mangelnder Kommunikation zwischen Ihnen und Ihrem Auftraggeber haben nichts mehr mit Projektmanagement zu tun und können Sie im schlimmsten Fall sogar die Karriere kosten.

Option 3: Nachfrage

Obwohl man meinen könnte, Methode Zwei wäre mutig, da riskant, ist die wahre Mutprobe oftmals Option Nummer Drei: Hier müssen Sie Ihre Auftraggeber so lange bedrängen bis diese ein klares Ziel definiert haben. Optimal wären eine gemeinsam durchgeführte Analyse der aktuellen Unternehmenssituation sowie Zielausarbeitung anhand der entsprechenden Tools. Da sie zu Erklärungszwecken Ihrem Management auf Augenhöhe begegnen müssen, besteht die Gefahr, dass die Unternehmensführung diese Rollenverteilung nicht akzeptiert und Sie sich gleich am Anfang des Projekts in Grundsatzdiskussionen festbeißen. In diesem Fall hilft nur der Wechsel zu Methode Eins. Schaffen Sie es allerdings genügend Fingerspitzengefühl zu entwickeln, um Ihrem Management die Unterschiede zwischen einer Idee und einem Projekt, „guten“ und „schlechten“ Zielen sowie die richtige Formulierung für Projektziele nahe zu bringen, so steht einem erfolgreichen Abschluss nichts mehr im Wege. Sie mögen in diesem Fall zwar viel Zeit für die Erläuterungen verloren haben, können sich allerdings fast sicher sein, beim nächsten Mal gleich den Apfelbaum benannt zu bekommen.

Was sind Ihre Erfahrungen mit unklaren Projektzielen? Welcher Methode geben Sie den Vorzug? Haben Sie gar einen anderen Weg im Umgang mit der Konkretisierung von Management-Visionen gefunden? Wir freuen uns auf Ihre Erfahrungsberichte, Methoden und Anregungen …

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